Themenabend: Fine Art im Architekturbereich

Während unsere regulären Clubabende aufgrund divergierender Interessen unserer Mitglieder auf Breite ausgelegt sind, tauchen wir innerhalb unserer Projektgruppen tief in die jeweilige Materie ein. Beispielsweise in spezielle Bearbeitungstechniken, die in der Architekturfotografie Anwendung finden.

Die Gestaltung der Treffen unserer Architekturgruppe ist abwechslungsreich.

Manchmal folgen wir ein Stück weit dem Vorbild des monatlichen Clubabends und besprechen innerhalb von dreißig Minuten drei Bilder, zu denen Projektteilnehmer sich Feedback wünschen. Teilweise werden fertige Aufnahmen präsentiert, teilweise solche Fotos, bei denen der Fotograf sich einen gedanklichen Anstoß für die weitere Bearbeitung erhofft.

Im letzten Monat wichen wir von der Grundstruktur der Treffen ab, um uns ausnahmslos dem Thema Fine Art zu widmen.

Definition von Fine Art

Fine Art, im klassischen Sinne.
Foto: Andreas Paehge

 

Andreas Paehge eröffnete den Abend mit verschiedenen Definitionen von Fine Art sowie seinem persönlichen Verständnis. Letzteres ist insofern sehr spannend, als Andreas voneinander unabhängige Fine Art-Kanäle bei Facebook und Instagram betreibt, wo er Werke anderer Künstler präsentiert. Dabei kuratiert er persönlich und veröffentlicht täglich neue Bilder. Auf diese Weise lassen sich inzwischen über 70.000 Menschen von seiner Auswahl inspirieren.

Wer sich für Andreas’ Kanäle interessiert, findet seine “Fine Art Zone” bei Facebook und Instagram.
 

Klassische Definition von Fine Art
“In European academic traditions, fine art is art developed primarily for aesthetics or beauty, distinguishing it from decorative art or applied art, which also has to serve some practical function, such as pottery or most metalwork. In the aesthetic theories developed in the Italian Renaissance, the highest art was that which allowed the full expression and display of the artist’s imagination, unrestricted by any of the practical considerations involved in, say, making and decorating a teapot.”

Quelle: Wikipedia

 
Fine Art beschreibt demnach, frei übersetzt, das Ergebnis der vollendeten künstlerischen Vision eines Fotografen. Den auf diese Weise entstehenden Werken liegt die intrinsische Motivation des Künstlers zugrunde. Daher ist Fine Art konträr zu journalistischer und kommerzieller Auftragsfotografie zu betrachten.

Wir befassten uns mit dem Thema Fine Art im Rahmen unserer Projektgruppe Architektur. Allerdings muss dieser Bereich viel weiter gefasst werden, als dass man darunter nur kontrastreiche Schwarzweißaufnahmen mit künstlich gestalteter Lichtführung verstehen könnte. Insofern lässt sich die Definition auch nicht darauf herunterbrechen, sie muss allgemeiner formuliert sein.

Wir kamen – für uns – zu dem Schluss, Fine Art ist möglicherweise kein eigenes Genre, sondern beschreibt als Sammelbegriff hochwertige künstlerische Fotografie.

Bei dieser Erkenntnis halfen Andreas’ Bildbeispiele. Sie umfassten zwar das Architektur-Genre, gleichzeitig aber auch völlig konträre Aufnahmen, unter anderem aus der Aktfotografie. Andreas forderte die Teilnehmer des Abends aktiv auf zu beschreiben, was sie sehen und einzuordnen, ob es sich bei dem vorliegenden Foto um eines handelt, das per Definition Fine Art zuzuordnen ist.
 

Fine Art als Basis

Fine Art-Stil als Grundlage für Composings
“Fine Art-Stil” als Grundlage für Composings – Fotobearbeitung: Ingo Langner,   Foto: Wilfried Malkusch

 

Auf Andreas folgte Ingo Langner.

Ingo zeigte uns seinen individuellen Umgang mit dem Begriff Fine Art. Dabei nutzte er Elemente der Bildbearbeitung, die für Architektur im Fine Art-Stil wohl typisch sind. Seine Methode “den Fine Art-Stil” zu erzeugen waren maskierte Füllungsebenen mit Graustufen-Verläufen in kombinierenden Blendmodi.  Allerdings blieb er dort nicht stehen, sondern verwendete sie als Basis für eine kreative Weiterentwicklung einer vorliegenden Architekturaufnahme. Es wurde deutlich, dass Ingo in diesem Fall die bloße optische Aufwertung einer Realitätsabbildung durch den Bearbeitungsprozess nicht ausreichte. Aus dem Blick vom Boden gen Himmel und entlang an Hausfassaden, wurde eine surreale neue Welt.

Orientiert man sich an den klassischerweise angelegten Kriterien für Fine Art, würde dieses Ergebnis sicherlich durchfallen. Manchmal muss man Regeln brechen, um zu dem Resultat zu gelangen, das einem vorschwebt. Gemäß unserer neu gewonnen Erkenntnisse bezüglich der Definition von Fine Art müsste man aber wohl kritisch hinterfragen, ob sich Ingos Werk nicht wunderbar in diese einfügt. Es ist schließlich die umgesetzte Vision des Künstlers.

Die finale Einschätzung obliegt Ihnen, dem Betrachter.
 

Hausaufgabe

Zum Abschluss einigten sich alle auf eine Vertiefung des Themas.

Andreas stellte eine RAW-Datei zur Verfügung, die unsere Projektteilnehmer zum nächsten Mal einer Fine Art-Bearbeitung unterziehen dürfen. Wir sind jetzt schon gespannt auf die Ergebnisse.

Danke an Andreas und Ingo für die gemeinsame Gestaltung dieses interessanten und kurzweiligen Abends!
 

Über das Projekt

Projekt: Architektur

Die Architektur-Fotografie hat viele Facetten – von klassisch-geradlinig bis schräg-dynamisch, von dokumentarisch bis abstrakt. Die Frage nach dem richtigen Standort und der daraus resultierenden Perspektive steht im Zentrum der Architekturfotografie. In der klassischen Architekturfotografie ist der ideale Standort dann gegeben, wenn man ein Gebäude mit exakt gerade ausgerichteter Kamera und damit frei von jeglicher Verzerrung […]

Titelfoto: Andreas Paehge